„Systemsprenger“ – Aufwachsen in der Kinder- und Jugendhilfe. Probleme und Chancen eines Hilfesystems.

Samstag, 24.5. | 16:45 Uhr – 18:15 Uhr

„Systemsprenger" – ein Begriff, der nicht zuletzt seit dem gleichnamigen Film von Nora Fingscheidt verstärkt an Bedeutung gewonnen hat. In der Sozialen Arbeit sind damit Kinder und Jugendliche gemeint, die im bestehenden Hilfesystem nirgendwo langfristig gehalten werden können, weil sie "das System sprengen", also Wohngruppen, Schulen und andere Hilfemaßnahmen an ihre Grenzen bringen. Der häufige Wechsel des häuslichen und sozialen Umfelds und die damit einhergehende Haltlosigkeit führen nicht selten auch zu Jugendkriminalität, Drogenkonsum oder einer erhöhten Anfälligkeit für psychische Erkrankungen. Dabei ist das Hilfesystem der Kinder- und Jugendhilfe eigentlich dafür da, Kindern und Jugendlichen ein sicheres Zuhause zu geben, in dem sie sich entwickeln und behütet aufwachsen können. Der Begriff Systemsprenger wird deshalb häufig kritisiert - eigentlich sollte es heißen "vom System gesprengt". Denn: ein Perspektivwechsel könnte uns das System und dessen Mängel als Ursache für problematisches Verhalten erkennen lassen, statt die Kinder und Jugendlichen zu den Verantwortlichen zu machen. Könnten Hilfemaßnahmen nicht also individueller angepasst werden, statt Kinder in ein bestehendes System hinein zu zwängen, welches gar nicht für sie gemacht ist - und welches an vielen Stellen enorme Probleme aufweist? Ist eine Veränderung des Hilfesystem wirklich undenkbar - oder zeigen uns die sogenannten "Systemsprenger" eher auf, wo wir das System umdenken müssen?


Laura Brüchle

Sozialpädagogin bei Careleaver e.V.

Laura Brüchle ist Sozialpädagogin mit besonderem Engagement im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Als sogenannte Careleaverin hat sie selbst Erfahrungen innerhalb der Jugendhilfe gemacht – zunächst in einer Pflegefamilie, später in einer Wohngruppe – und bringt somit eine wertvolle Perspektive aus erster Hand mit. Beruflich ist sie beim Careleaver e.V. tätig, einer bundesweiten, selbstorganisierten Interessenvertretung von jungen Menschen mit Jugendhilfeerfahrung. In ihrer Arbeit setzt sie sich für eine Jugendhilfe ein, die junge Menschen über die Volljährigkeit hinaus zuverlässig begleitet, Beteiligung ernst nimmt und Übergänge ins Erwachsenenleben nachhaltig unterstützt.


Prof. Dr. Anja Teubert

Studiengangsleitung Duales Studium Soziale Arbeit DHBW Stuttgart

Prof. Dr. Anja Teubert lei- tet den Studiengang Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Kin- der- und Jugendhilfe an der DHBW Stuttgart. Sie ist Pro- fessorin für sozialraumorien- tierte Soziale Arbeit mit den Schwerpunkten sexualisierte Gewalt und Netzwerkarbeit. Ihr Engagement verbindet Wissenschaft, Praxis und Politik, etwa im Nationalen Rat zum Schutz vor sexualisierter Ge- walt. Ihr Ziel: systemische Verbesserungen für benachteilig- te Jugendliche.