Deutsche (Un-)Einheit – Strukturprobleme der Demokratie in Ostdeutschland?
Samstag, 24.5. | 14:15 Uhr – 15:45 Uhr Neue Aula
35 Jahre nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung sind die Spuren der deutschen Teilung weiterhin spürbar – viele Menschen im Osten Deutschlands fühlen sich politisch wie gesellschaftlich “abgehängt”. Besonders unter Jüngeren wächst das Gefühl, dass Ost- und Westdeutschland eher auseinanderdriften als weiter zusammenwachsen. Die Ost-West-Debatte ist dabei oft geprägt von gegenseitigem Unverständnis, Pauschalisierungen und Zuspitzungen – im Osten Deutschlands sieht man den Westen als Problem, im Westen ist es umgekehrt. Der Osten wird in den oftmals westdeutsch geprägten Debatten häufig problematisiert oder sogar exotisiert. Insbesondere nach den Europa- und Landtagswahlen im letzten Jahr sowie der jüngsten Bundestagswahl rückt das Erstarken rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien wieder in den Fokus der öffentlichen Debatte. Medienwirksame Wahlanalysen zeigen eine politische Spaltung entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze auf; die Debatte über den Aufstieg der AfD wird in Deutschland überwiegend als Ost-West-Debatte geführt. Doch greift der Erklärungsansatz über die DDR-Vergangenheit zu kurz? Wie tief sind die tatsächlichen Unterschiede im Demokratie-, Staats- und Freiheitsverständnis, im politischen Wahlverhalten und in den gesellschaftspolitischen Einstellungen wirklich? Und inwiefern werden Ost-West-Gegensätze medial und politisch zugespitzt und für „Spaltungsnarrative” genutzt?
Wir werfen mit David Begrich (Rechtsextremismusexperte bei Miteinander e.V. in Magdeburg) und Bodo Ramelow (Bundestagsvizepräsident und ehemaliger Ministerpräsident in Thüringen) einen neuen Blick auf die oftmals westdeutsch geprägte Ost-West-Debatte – abseits der Pauschalierungen, in denen seit Jahren diskutiert wird. Moderiert wird der Dialog von Max Wetterauer.

David Begrich
Theologe, Soziologe und Mitarbeiter in der Arbeitsstelle “Rechtsextremismus” bei Miteinander e.V. in Magdeburg
David Begrich, 1972 in Erfurt geboren, studierte Theologie und Sozialwissenschaften in (Ost-)Berlin und arbeitet seit 1998 als Referent für politische Bildung in der Arbeitsstelle “Rechtsextremismus” des gemeinnützigen Vereins „Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e.V.” in Magdeburg. Der Verein setzt sich für eine offene, plurale und demokratische Gesellschaft in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus ein – ein besonderes Anliegen ist die Stärkung demokratischer Akteur:innen der Zivilgesellschaft. Dafür engagiert sich der Magdeburger Verein in der Jugend- und Erwachsenenbildung, der Gemeinwesenarbeit, der Erforschung und Analyse neonazistischer und neurechter Aktivitäten, der Beratung von Zivilgesellschaft und kommunalen Akteuren sowie der Unterstützung von Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.

Bodo Ramelow, MdB
Linken-Politiker, Vizepräsident des Deutschen Bundestags und ehem. Ministerpräsident des Freistaats Thüringen
Bodo Ramelow wurde 1956 im niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck geboren. Er absolvierte von 1970 bis 1973 eine Berufsausbildung zum Einzelhandelskaufmann in Gießen, erwarb 1977 die Fachhochschulreife und war anschließend von 1978 bis 1980 Filialleiter in Marburg. In den 1980er Jahren war er Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen und von 1990 bis 1999 Landesvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen in Thüringen. 1999 trat er der PDS bei, die später in „Die Linke” umbenannt wurde. Im selben Jahr wurde er erstmals in den Thüringer Landtag gewählt, dem er bis 2005 angehörte. Von 2005 bis 2009 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und fungierte dort als stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion. Nach seiner Rückkehr in die Landespolitik saß er von 2009 bis 2015 erneut im Thüringer Landtag. 2014 wurde Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen gewählt – das Amt bekleidete er bis 2024. In dieser Zeit stand er auf Bundesebene von November 2021 bis Oktober 2022 als Bundesratspräsident der Länderkammer vor. Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 wurde Bodo Ramelow erneut in den Deutschen Bundestag gewählt; seit Ende März 2025 ist er Bundestagsvizepräsident.

Max Wetterauer
Moderator – Historiker und Geschäftsführer des Transferzentrums der Pädagogischen Hochschule (PH) Heidelberg
Max Wetterauer studierte Geschichte und Politik an der Universität Heidelberg und der Universität Padua in Italien (2010 bis 2016). Nach einem Jahr als Online-Redakteur und Community-Manager beim Online-Stipendium und Karrierenetzwerk „e-fellows.net” in München kam er 2018 nach Heidelberg zurück und arbeitet seither im Transferzentrum der Pädagogischen Hochschule (PH) Heidelberg – zunächst als Wissenschaftsmanager im Bereich „Offene Hochschule” und im Projekt „Transfer Together” und seit Oktober 2021 als dessen Geschäftsführer. Als Transfermanager der PH Heidelberg unterstützt er Forschende dabei, mit ihrer Arbeit nach außen zu treten – etwa durch Formate der Wissenschaftskommunikation oder durch Kooperationen mit externen Partner:innen. Ziel ist es, bildungswissenschaftliche Innovationen in außerschulische Lernorte der Region bringen und sie gemeinsam mit Unternehmen, Kultureinrichtungen, Vereinen und öffentlichen Einrichtungen weiterzuentwickeln.
Der Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur e.V. (HCWK) ist seit Januar 2024 Mitglied im Beirat des Transferzentrums und unterstützt die PH Heidelberg dabei, den wechselseitigen Austausch mit der regionalen Gesellschaft zu fördern.